Am 18. Mai hatte der ADFC Dresden sechs OB-Kandidat*innen zu einer Podiumsdiskussion ins Dresdner Verkehrsmuseum unter der Überschrift: „Chefsache Radverkehr?“ geladen. Die Aussagen der potentiellen künftigen Amtsinhaber zum Radverkehr sind wichtige Wegweiser für die Radverkehrspolitik der kommenden Jahre. Schließlich ist der oder die Oberbürgermeister/in eine Schlüsselfigur im Rathaus, wenn es darum geht, Dresden auf den Weg zur Fahrradstadt zu bringen – oder zu bremsen.
Neben individuellen Fragen an die Kandidaten haben wir auch Fragen an das gesamte Podium gestellt, die entweder mit Ja / Nein oder mit einer Jahreszahl zu beantworten waren.
Sechs dieser Fragen, ergänzt um acht weitere, veröffentlichen wir nun als 14 Wahlprüfsteine vor dem zweiten Wahlgang, in dem ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Amtsinhaber Dirk Hilbert und der gemeinsamen Kandidatin von Grünen, SPD und Linken, Eva Jähnigen, erwartet wird.
Bei der Beantwortung der Fragen haben uns die Kandidaten zu einzelnen dieser Fragen Erläuterungen geschickt, die wir hier veröffentlichen.
Wahlprüfstein 7
Dresden arbeitet aktuell an Plänen für Radschnellverbindungen nach Radebeul, Heidenau, sowie zwischen dem Süden und Norden der Stadt. Sie sollen möglichst unterbrechungsfreies Radfahren ermöglichen. Ich werde mögliche Hemmnisse einer zügigen Routenführung (z.B. Ampelschaltungen, Engstellen durch Parkplätze, Umwege) aus dem Weg räumen und dafür sorgen, dass die Radschnellverbindungen bis 2026 realisiert werden.
Erläuterung Eva Jähnigen: Ja. Diese Antwort für die wichtigen Radschnellwege gilt für die von mir geleitete Stadtverwaltung; die tatsächliche Errichtung der Radschnellwege hängt allerdings auch vom Mitwirken anderer Beteiligter ab (Nachbarkommunen, wie z. B. Radebeul) und von den Planfeststellungsbehörden des Landes; auf die werde ich dann Druck ausüben.
Erläuterung Dirk Hilbert: Ja. Es ist aber zwingend die Mitwirkung des Freistaats Sachsen notwendig. Nur wenn dieser seine Hausaufgaben macht, kann es gelingen. Der Realisierungszeitpunkt ist daher offen.
Wahlprüfstein 8
Mit mir wird die Bautzner Straße bis Ende 2025 beiderseits durchgehende Radwege bekommen.
Erläuterung Dirk Hilbert: Nein. Nicht auf der gesamten Länge der Bautzner Straße. Ab bzw. bis zur Waldschlößchenbrücke fährt man besser auf dem Elberadweg. Finanzmittel sollten besser an anderen, gefährlicheren Stellen eingesetzt werden.
Wahlprüfstein 9
Ich sorge dafür, dass der ADFC, wie in anderen Städten auch, frühzeitig in Entwurfs- und Planungsprozesse eingebunden wird und bereits vor der Ausarbeitung einer verwaltungsintern abgestimmten Planung beteiligt wird.
Erläuterung Dirk Hilbert: Ja. Ich bin grundsätzlich für mehr und effektivere Beteiligung relevanter Gruppen, wenn dies den Planungsprozess optimiert.
Wahlprüfstein 10
Ich setze mich für einen zügigen Radweg-Lückenschluss auf der Königsbrücker Straße zwischen Stauffenbergallee und Industriegelände bis Mitte 2023 ein.
Erläuterung Eva Jähnigen: Ja. Allerdings ist auch hierzu ein Plangenehmigungs- oder Feststellungsverfahren notwendig, auf dass ich beim Freistaat Sachsen Druck machen werde.
Erläuterung Dirk Hilbert: Ja. Die zügige Sanierung der Königsbrücker Straße als Nord-Süd-Achse ist sehr sinnvoll. Ob dies bis Mitte 2023 möglich ist, ist offen.
Wahlprüfstein 11
Ich sorge dafür, dass der Wegfall von Parkplätzen in Dresden kein Hindernis mehr für die Erhöhung der Sicherheit des Radverkehrs durch den Bau von Radwegen ist und deren Realisierung auch nicht verzögert.
Erläuterung Dirk Hilbert: Enthaltung. Es muss im Einzelfall die Lage vor Ort geprüft werden – für Radfahrende, Anwohner/innen, ggf. Liefernde und Geschäftsinhaber/innen. Für den bestmöglichen Interessensausgleich sind m. E. Verzögerungen akzeptabel.
Wahlprüfstein 13
In Dresden sind letztes Jahr 1.111 Radfahrende bei Verkehrsunfällen verletzt worden. Für mehr Verkehrssicherheit werde ich dem Stadtrat vorschlagen, der Städteinitiative Tempo 30 des Deutschen Städtetags beizutreten.
Erläuterung Dirk Hilbert: In Wohngebieten etc. bin ich für Tempo 30, aber nicht auf Hauptverkehrswegen oder Verbindungsstraßen am Stadtrand bspw. zu Ortschaften, daher „nein“. Wichtiger und meist offen ist die Ursachenforschung für Unfälle und zwar an der konkreten Stelle. Hier braucht es passende Maßnahmen und nicht pauschale Rezepte.
Wahlprüfstein 14
Ich werde im Stadtrat gegen den Verkauf städtischer Flurstücke für die Verbreitung der Autobahn A4 im Stadtgebiet stimmen. Stattdessen werde ich eine Studie beauftragen, die das Verlagerungspotential von bisher getätigten kurzen Pkw-Fahrten auf das Fahrrad (z.B. durch Radwegeausbau, Radschnellverbindungen, Bike+Ride oder Push-Maßnahmen) ermitteln soll.
Erläuterung Dirk Hilbert: Zu „städtischen Flurstücken & A4“: Nein. Die A4 ist kein allein städtisches Thema! Sie ist eine vielgenutzte Ost-West-Achse von überregionaler Bedeutung. Machen wir die A4 zum Nadelöhr, holen wir uns ungewollten Schleichverkehr in die Stadt und sorgen für mehr Stau mit all den negativen Folgen für die Umwelt.
Zur Studie: Wir brauchen endlich die Umsetzung der geplanten Maßnahmen, aber nicht noch eine weitere Studie, daher „nein“. Zudem ist Verkehr auf der Autobahn A4 nur zu einem kleinen Anteil Stadtverkehr, den man auf das Rad verlagern könnte.
Weiterführende Links
ADFC-Wahlprüfsteine zur OB-Wahl (PDF)
Videomitschnitt des ADFC-Podiums zur OB-Wahl 2022
OB-Podium zum Radverkehr am 18. Mai 2022