Unbeirrt selektive Auslegung der Regelwerke – Blockade des Radverkehrs seit Jahren – Jüngstes Beispiel: Pulsnitzer Straße
13. April 2022: Anwohner der Pulsnitzer Straße, welche zwischen Louisenstraße und Martin-Luther-Platz als Einbahnstraße gestaltet ist, gehen unterstützt vom ADFC Dresden gegen die zurück-genommene Radverkehrsfreigabe für die Gegenrichtung vor. Im März 2021 wurde das Zusatzschild „Fahrrad frei“ durch die für Verkehr zuständigen Ämter der Stadt entfernt, obwohl die neue Verwaltungsvorschrift zur StVO die Freigabe der Gegenrichtung in Einbahnstraßen in der Regel vorschreibt.
Da die Amtsstuben auf stur schalten und sich weigern das Schild wieder anzubringen, beschreiten die Anwohner zusammen mit dem ADFC Dresden nun den zeitaufwendigen Widerspruchs- und Rechtsweg. Zur Pulsnitzer Straße schickte der ADFC daher vor Kurzem einen ausführlichen Brief an die zuständige Rechtsaufsicht, das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASuV). Das Schreiben erläutert detailliert warum die Freigabe in Gegenrichtung von den relevanten technischen Regelwerken gedeckt ist.
Die Pulsnitzer Straße steht exemplarisch für das seit Jahren unverändert problematische Vorgehen der Verkehrsämter in der gesamten Stadt. Regelwerke für die Gestaltung von Straßen werden regelmäßig zugunsten von Auto- und LKW-Verkehr ausgelegt, während Fuß- und Radverkehr mit schlechten Kompromisslösungen abgespeist werden. Aus Sicht des ADFC Dresden droht dies alles auszuarten. Um jede Kleinigkeit muss gekämpft werden. Ein Zustand der sich ändern muss. Wichtige Teile von Dresdens Verkehrsämtern brauchen dringend ein Update. Ein klarer Fall für Oberbürgermeister Dirk Hilbert und Baubürgermeister Stephan Kühn, um Führungskompetenz unter Beweis zu stellen.
Die für Verkehr zuständigen Ämter legen besonders viel Wert auf den Fluss des Auto- und LKW-Verkehrs sowie auf möglichst hohe Geschwindigkeiten. In diesem Zusammenhang werden die Regelwerke meist übererfüllt und dabei Fahrspuren und Abbiegeradien üppig dimensioniert. Für den Fuß- und Radverkehr dagegen werden dieselben Regelwerke eher unverbindlich interpretiert. Radwege sind vielerorts viel schmaler als von den Regelwerken gefordert und hören oft einfach auf. Möglichkeiten den Radverkehr attraktiver zu gestalten, z. B. durch Öffnung von Einbahnstraßen für Radverkehr in Gegenrichtung, werden nicht ausgeschöpft. Das alles geht klar zulasten der Verkehrssicherheit und der Attraktivität des Fuß- und Radverkehrs.
Es wird also höchste Zeit, dass sowohl der Oberbürgermeister als auch der Baubürgermeister hier eingreifen. Gleichzeitig müssen sie aufhören zu behaupten, dass sie gegenüber Teilen der Verkehrsbehörden nicht weisungsberechtigt sind. Das Gegenteil ist der Fall – sie sind verantwortlich und zuständig für die rechtlich saubere Anwendung von Bundes- und Landesrecht in der Landeshauptstadt Dresden sowie für eine ausgewogene Ausübung von Ermessen. Die jüngsten Novellen der Regelwerke machen schließlich viel für den Radverkehr möglich und zahlreiche Städte in Deutschland nutzen diese Möglichkeiten bereits, nur Dresden bleibt bisher zögerlich.
ADFC-Schreiben an das LaSuV zur Pulsnitzer: hier
Weitere Verhinderte oder unsichere Radverkehrsanlagen aufgrund Ämterpraxis:
- Kreuzung Fetscherstraße / Blasewitzer Straße: viel zu schmale Radwege Nord-Süd
- Keine Lösung für Ost-West-Verbindung Wormser Straße-Dürerstraße, obwohl Pläne und Zusagen seit 1997 vorliegen (Radverkehrskonzept Maßnahme 562 B)
- Noch immer keine Radwege auf der Reicker Straße trotz angekündigter Sofortmaßnahme. Ursache: die Stadtverwaltung wichtet wieder mal Verkehrsfluss über Sicherheit (Radverkehrskonzept Maßnahme 633)
- Kreuzung Koreanischer Platz: viel zu schmale Radwege Nord-Süd
- Kleine Bautzner Straße: Keine Freigabe der Nebenfahrbahn für Radverkehr in Gegenrichtung obwohl Planfeststellungsbehörde dies eindeutig so vorgesehen hat
- Bautzner Straße zwischen Martin-Luther-Straße und Prießnitzstraße: Keine Markierung von Radwegen wegen Priorität auf Verkehrsfluss (Radverkehrskonzept Mangel 790)
- Radeburger Straße (Pauliberg): Keine Einrichtung von Radwegen: Spurreduzierungen hierfür wird abgelehnt