Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Dresden e. V.

Erster Fahrradkorso in Dresden 1898

Auf der Suche nach Belegen nach dem Eröffnungsdatum des ersten Radwegs in Dresden haben wir folgende pompöse Schilderung eines festlichen Fahrrad-Umzugs im Großen Garten gefunden. Unter anderem dabei auch ein Tallbike, die moderne Beziechnung für das Eifelrad von Nick Kaufmann (1961-1943).

Am Sonntag, 16. Oktober 1898 fand ein „Fahrrad-Blumen-Corso“ im Großen Garten erstmalig statt und war womöglich das erste größere Ereignis in Dresden, wo das Fahhrad mit Mittelpunkt stand. Ca. 400 Radfahrer und Radfahrerinnen fuhren mit beschmückten Fahrrädern Runden im Großen Garten. Laut Dresdner Neuste Nachrichten vom 18.10.1898 gab es „Tausenden von Zuschauern“. Veranstalter war der „Verein zur Förderung Dresdens und des Fremdenverkehrs“. Der Anlass war u.a. der jährliche Gautag des Gaues Sachsen vom Deutschen Radfahrer-Bund. Das Wetter war am Tag der Veranstaltung mies. Leider waren Fotos in den damaligen Zeitungen nicht oder äußerst selten vorhanden, aber immerhin ist eine Zeichung eines der teilnehmenden Fahrrädern, das „Eifelrad“, überliefert. Dafür waren die Zeitungsberichte vom Ereignis durchaus sehr bildhaft wie dieser Auszug vom Dresdner Anzeiger:

Der Dresdner Anzeiger vom 17. Oktober 1898, Seite 11:

Der Radfahrer-Blumen-Korso
Als wenn der Sommer mit seiner Blumenpracht dem feuchtnebeligen
Herbst den Fehdehandschuh hinwerfen und die Herrschaft
streitig machen wollte, so sah es aus, als der Blick über die
Blumenfülle schweifte, die am gestrigen Sonntag von Hunderten
von Radfahrern beim Korso im Königl. Großer Garten entfaltet
wurde. Ringsum das Sterbende, fallende Laub und die kahlen
Zweige, darüber ein grauer Himmel und eine feuchte, regnerische
Luft und zwischen den Alleen und in den Promenaden des Großen
Gartens eine sich vorwärts bewegende, blatt- und blüthengeschmückte
Fahrerreihe, gleich dem Festzug des scheidenden Sommers, ein
glänzendes, phantastisches Bild lebendiger Poesie gegenüber der
Prosa des kahlen, verschleierten Herbsttages. Eine zahlreiche
Menschenmenge umrahmte die Feststraße des Korso und harrte
erwartungsvoll, den Kängen der Grenadier- und Schützenkapelle,
und des Trompetenchors der Gardereiter lauschend, auf den Eintritt
des Schauspiels. Der Verein zur Förderung Dresdens und des
Fremdenverkehrs, der mit unerschöpflichem Eifer zum Besten unserer
Residenzstadt arbeitet, hatte seit Monaten geschaffen, um den Blumen-
korso der Radfahrer, der gelegentlich des Gautages des Gaues
Sachsen vom Deutschen Radfahrer-Bunde und des zehnjährigen
Stiftungsfestes des Radfahrer-Vereins „Wanderluft“ in Dresden
geplant war, in würdiger Weise zu gestalten.
Gegenüber der Corradinische Vase am Palaisteiche war eine
Tribüne für die Ehrengäste errichtet, die bis zum letzen Platz
belegt war. Wir bemerkten unter ihnen Se. Hoheit den Großherzog
von Medlenburg, die Herren Staatsminister Excellenz
von Metzsch, Polizeipräsident Le Maistre, Kreishauptmann Schmiedel,
Amtshauptmann Dr. Schmidt, Bürgermeister Leupold, Stadtrath
Fischer, Stadtrath königl. Baurath Adam, Regierungsraht Röttig,
Etatverordnete Blötner, Mühlberg und Handil und die zur Zeit
hier gefeierte Bühnenkünstlerin Frau Agnes Sorma.
Kurz nach 3 Uhr erklang das Schmettern von Trompeten
und bald erschien, hoch zu Roß, sechs mittelalterliche Herolde,
den Zug eröffnend. Die erste Abteilung des Zuges umfaßte
31 Einzelfahrer, zum Theil in prächtigen Kostümen, die mit Geschmack
gewählt worden waren. Die Räder waren durchweg mit
Sträuchen und Bändern geschmückt und über vielen wölbten sich
Blumenbogen, in denen auch anderer Schmuck nicht fehlte. Besonders
fiel ein Fahrer, den Herbst darstellend, auf. Er war von
Scheitel bis zur Sohle in Weinlaub gehüllt. Die zweite Abteilung
umfasste neun Gruppen, von denen die erste (Radlerheim
von Frau [??] Klemich) die imposanteste war: sie gliederte
sich in eine phantaastische Gruppe behelmter Damen mit Festwagen,
eine vielgestaltete Gruppe der Heilsarmee und eine Jagdgruppe in
prächtigten Jagdkostümen und mit Jagdwagen, auf dem erlegtes
Wild lag. Reizend wirkte auch die phantastisch geschmückte Gruppe
des Radfahrvereins „Sturmvogel“, die Tandems, deren
Fahrerpaare in kleidsamen Trachten erschienen waren, die
„Draesena“-Gruppe u.s.w. Daran schlossen sich, die dritte
Abteilung bildend, 22 Einzelfahrerinnen, die durchgängig
wieder durch phantasievolle Konstüme und einzückende Blumenarrangements
auffielen. Fräulein Margarete Fritzsche eröffnete
als Vergißmeinnichtelfe den Reigen und nun folgten einzeln
und in Gruppen die Damen, die zumeist über ihren Rädern Blumen-
[?], Fächer oder dustige Arrangements angebracht hatten.
Man sah herrliche Zusammenstellungen von Sonnenrosen,
[?] mit naschenden Vögeln, Orchideen, Vergießmeinnicht,
Schneeballen, weiße gefüllte Reifen mit elektrischen Glühlampchen
als Leuchtkäfer, Afazien – durchweg wirksam arrangiert. Eine
Dame aus Tübingen, die den Weg in drei Tagen auf ihrem Rad
hierher gemacht, reihte sich, in violette Schleier gehüllt, in diese
Gruppe. Imposant nahm sich der Verein „Adler“, Gruna-
[?], aus, der die 4. Abteilung (Vereine, die dem deutschen
Radfahrbunde nicht angehören) eröffnete. Das erste Rad zierte
ein mächtiger Adler und dann folgten Räder mit großen Blumen-Bogen
– alle mit blauer Winde geziert – und mit Blumenfächern
und [? Balmen ?]. Eindruck machten auch die Vereine „Weltrad“
Dresden (gelbe und schwarze gefüllte Reifen), „Teutonia“ (schwarze,
weiße und rothe Blumen, bemerkenswerth, weil es lebende
waren), „Wanderluft“ – Meißen (reizend mit Blumen und
mit wirklichen Weinreben und Trauben), „Blitz“ -Dresden
(gleichfalls mit Weinreben geschmückt und einen Festwagen,
Bacchus, mit sich führend), „Schwalbe“, Bodenbach
([?] an das Deutschthum im Böhmerland erinnernd und deshalb
mit der Kaiser-(Korn-)Blume und mit schwarz-rot-goldenden Bändern
geschmückt), der Tourenclub „Dresdner Hochradfahrer“ (weiße gefüllte
Reifen, die sich namentlich durch die spiralförmige Anordnung
in den Speichen der Räder wirksam ausnahmen) und der Verein
„Poisenthal“, Niederheßlich (bläuliche und weiße Schneeballen).
Nicht minder schön hattem die kleineren Vereine des deutschen Radfahrer-Bundes,
die V. Abtheulung bildend, ihre Räder und die
Mitglieder geschückt. Der Verein Ostrau i. S. hatte das zarte
Vergissmeinnicht, „Saxonia“, Meerane, weiße Astern, „Wanderer“,
Chemnitz, Feldblumen, der Dresdner Radlerclub Aehren und Kornblumen,
„Wettin“, Dresden, Clematis und gelbe Rosen und der
Klub „Wanderer“, Dresden, Theerosen und buntes Laub gewählt.
Die den Schluss bildende VI. Abtheilung wurde von großeren
Vereinen des deutschen Radfahrerbundes gebildet; der Verein
„Ueber Berg und Thal“, Dresden-Striesen, deren Mitglieder die
Räder in Maiglöckchen und Rosen gehüllt hatten, eröffneten diesen
Zug. Dann folgten die Dresdner „Turner“ in Mohn und
Margueriten und die „Saxonia“-Dresden, im Schmuck von Mohn-
und Vergißmeinnichtarrangements. Reizend nahm sich der Verein
Plaunen bei Dresden in Goldregen und blaßrother Winde aus.
Wundervoll hatte „Wanderluft“, Dresden, sich gruppiert, über die
Fahrer und Räder war gleichsam ein Schleier von Kornblumen
gebreitet, eine Art via truiumphalis von Blumenbögen und
Bändern, von 33 Fahrern gebildet, trat wirkungsvoll im Zuge
hervor. Auch die „Germania“, Dresden, in weiße und rothe
Rosen gehüllt, mit einem imposanten Festwagen, auf dem die
Germania thronte, und der Bicycleklub Freiberg, der sich mit
Wasserrosen und Schilf geschmückt, entfachten lebhaften Beifall.
Zum Schluss bildeten der Verein Luckenwalde und „Wanderfalk“,
Dresden“, die weißen Blüthen, meist Schneeballen, dem Ganzen
einen reizenden Abschluss gaben.
Der Zug fand überalle freudige Zustimmung, er trug durchaus
das Gepräge des Geschmakvollen und Schönen; einheitlich, stilvoll
und sinnig war der Schmuck bei der einzelnen Gruppen durchgeführt
worden, so dass sich vor dem Beschauer ein farbenprächtiges Bild
von wahrhafter Schönheit entrollte. Der Zug bewegte sich nach dem
Ausstellungspalast, wo das Galaradfahrfest und das Stiftungsfest
des Vereins „Wanderluft“ stattfand. Wegen
Mangel an Raum müssen wir den Bericht abbrechen und die Darstellung
des Festes in der Dienstagsnummer geben.
Die Preisvertheilung verlief folgendermaßen:
[…]

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Nils Larsen

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