Es ist über acht Jahre her, dass der ADFC Dresden eine Petition für Radstreifen auf beiden Seiten der Albertstraße initiierte. Im Auftrag des damals von CDU und FDP dominierten Petitionsausschusses erarbeitete die Stadtverwaltung eine Lösung, die nun zur Ausführung kommen sollte. Umso überraschender war es, dass CDU, FDP und die Bürgerfraktion einen Antrag für die Stadtratssitzung am 24. Januar 2019 einbrachten, der einen sofortigen Stopp der Planungen an den Radwegen forderte. Mit Unterstützung der AfD-Fraktion fand dieser Antrag eine Mehrheit im Stadtrat: Damit sind die für das Jahr 2019 vorgesehenen Bebauungspläne vorerst gestoppt worden. Die neue Stadtratsmehrheit torpediert damit ihre eigenen Beschlüsse aus der vorhergehenden Legislaturperiode. Besonders absurd: Auch Oberbürgermeister Hilbert stimmte gegen die Radwegplanung seiner eigenen Stadtverwaltung. Hätte er gegen den Roll-Back-Antrag gestimmt, hätte dieser keine Mehrheit gefunden.
Nils Larsen, Vorstandsmitglied im ADFC Dresden, fasste es bei seiner Rede vor dem Dresdner Stadtrat am 24. Januar einfach zusammen: „Bei den Radfahrstreifen auf der Albertstraße geht es nicht um ein Projekt von Rot-Rot-Grün. Hier geht es um Ihre Glaubwürdigkeit.“ Der gefasste Beschluss kann nur als blinde Symbolpolitik verstanden werden. Im Vorfeld der Abstimmung machte der ADFC medienwirksam darauf aufmerksam, dass Radfahrende rund zweieinhalb Minuten weniger benötigen würden, wenn es auf der Albertstraße einen Radstreifen geben würde. Gleichzeitig wird der Autoverkehr lediglich eine Sekunde (!) langsamer. Und auch das nur in der so genannten Spitzenstunde.
Am Tag vor der Abstimmung veröffentlichte die Stadtverwaltung Zahlen, die zeigen, dass der Radverkehr in Dresden in den vergangenen zehn Jahren um 60% zugenommen hat. Gleichzeitig ist der Autoverkehr auf der Albertstraße seit 2005 um 40% zurückgegangen, während sie für den Radverkehr immer bedeutender wurde. Der ADFC Dresden führte im Juni 2018 eine 18-stündige Radverkehrszählung in Höhe der Archivstraße durch. Während dieses Zeitraums zählten die Vereinsmitglieder 3.137 Fahrräder. Es ist damit zu rechnen, dass eine sichere Radverkehrsanlage auf der Albertstraße dazu führt, dass die Zahl der Radfahrenden dort deutlich steigt. Dieser Effekt sorgt auch dafür, dass weniger Menschen mit dem Rad durch die Hauptstraße fahren und die dort immer wieder beklagten Konflikte mit Fußgängern reduziert werden können. Von Verlagerungen vom motorisierten Verkehr ganz zu schweigen.
Es ist unbegreiflich, warum sich die Mehrheit des Stadtrates gegen sicheren und komfortablen Radverkehr auf der Albertstraße ausgesprochen hat. Die neue Mehrheit im Stadtrat hat sich stumpf populistisch und völlig faktenfrei gegen den Radverkehr entschieden. Gleichzeitig haben die Radfahrenden in Dresden acht Jahre vergeblich auf den Verkehrsversuch auf der Albertstraße gewartet. Als er in greifbarer Nähe war, wurde er entgegen jeder Vernunft in ungreifbare Ferne geschoben.
Rede von Nis Larsen vor dem Dresdner Stadtrat: https://vimeo.com/313394200